Der lange Weg zur Lutherbibel (Teil 2)

Im Teil 1 hatten wir uns mit Luthers Exil auf der Wartburg und - in einem Exkurs - mit der urtextgetreuen Übersetzungsarbeit Luthers befasst. Doch nach diesem Exkurs
nun zurück in das Jahr 1522.


Erste Auflage des Neuen Testaments im September 1522

Nach der ersten Auflage des Neuen Testamentes im September 1522 kommt die zweite, überarbeitete Auflage in Umlauf und drei Jahre später sind bereits 128.000
Exemplare in aller Welt verbreitet.Übersetzung des Alten Testaments 1534 in Wittenberg fertiggestellt

Zurück in Wittenberg wendet sich Luther dem Alten Testament zu. Im Exil auf der Wartburg wagt er sich nicht allein an diese gewaltige Aufgabe heran. Mit einem Kreis von Professoren - Kollegen und Reformatoren übersetzt Luther bis
zum Jahre 1534 die alten Schriften aus dem Hebräischen ins Deutsche, eine mühselige Arbeit, die langsamer vonstatten geht als die Übersetzung des NeuenTestamentes. Doch bereits 1523 erscheint die erste Teilübersetzung, nämlich die fünf Bücher Mose. Im Jahre darauf folgt der zweite Teil mit den Geschichtsbüchern.

Noch mühevoller gestaltet sich die Übersetzung der prophetischen Bücher, die Luther besonders viel abverlangen. Sie wurden in Abständen bis zum Jahre 1532 veröffentlicht. Das Gesamtwerk, die berühmte Lutherbibel, wird zum ersten Mal in Wittenberg gedruckt im Jahre 1534, ein Folioband ungebunden mit rund 900 Seiten! 1545 gab es die letzten Korrekturen der „Biblia Deudsch“ von Luthers eigener Hand. Beginn einer einheitlichen deutschen Schriftsprache und Entwicklung der
Buchdruckerkunst

Das Echo auf die Gesamtausgabe war nicht geringer als seinerzeit auf das erste deutsche Neue Testament Luthers. Sie ist nicht nur das bedeutendste literarische Denkmal, das jemals in deutscher Sprache verfasst wurde, sie ist zugleich der Beginn einer einheitlichen deutschen Schriftsprache. Luthers Übersetzungswerk besitzt Qualitäten, die frühere Werke nicht in diesem Maße aufwiesen. Es gelang ihm, den schwerfälligen Stil der Vulgata in eine Sprachform zu bringen, die der gesprochenen Sprache nahe kam. Er wollte „dem Volke aufs Maul schauen“, womit er die biblischen Inhalte auch dem einfachen Volk zugänglich machte. Zwar war die Bibelübersetzung Luthers nicht die erste Übersetzung der Bibel ins Deutsche. Jedoch, ihre einmalige sprachschöpferische Bedeutung ist unumstritten, wobei es die gleichzeitige technische Entwicklung der Buchdruckerkunst ermöglichte, Drucke zu „erschwinglichen“ Preisen herzustellen und damit eine volksnahe Verbreitung der biblischen Texte einsetzte.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Übersetzung des Neuen Testaments aus dem Griechischen ins Deutsche Luthers eigene Leistung ist. Betrachtet man das dann in Wittenberg übersetzte Alte Testament aus dem Hebräischen, so stellt sich dieser Teil der Lutherbibel als Gemeinschaftswerk dar, an dem auch sein Freund, der bereits erwähnte Philipp Melanchthon, maßgeblich beteiligt war (siehe Teil 1).

Die Lutherbibel ist seit der ersten Ausgabe von 1534 mehrfach überarbeitet und sprachlich angeglichen worden. Dennoch ist sie nach wie vor die offizielle Bibelausgabe der protestantischen Christenheit. Eine erneute Revision der 1984er Fassung wurde im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 im Oktober 2016 veröffentlicht. Die EKD und auch die NAK blieben trotzdem weiterhin bei der Ausgabe von 1984. Die Lutherbibel ist auch eine wichtige Basis der Kirchenmusik. Viele Kompositionen verwendeten und verwenden bis heute Luthers Textfassung für Choräle, Kantaten, Motetten und andere Werke.
(Wolfgang Weber)